“Zimmerpflanzen” ist der programmatische Titel dieser Ausstellung, getragen wird sie vom Thema Mobilar – des ästhetischen Ausdrucks der alltäglichen Distinktion bei gleichzeitiger Zweckmäßigkeit.
Das Einrichtungsmöbel und die bildende Kunst treffen sich hier auf zwei verschiedenen Ebenen – einerseits auf der Ebene des kapitalistischen Warenwerts, wobei natürlich hier die Massenanfertigung und dort das unersetzliche Einzelstück stehen, beider Wert aber daran gemessen wird, was dafür bezahlt wird. Auf der ästhetischen Ebene finden sich ebenso Ähnlichkeiten, da beide sowohl für ein Distinktionsverhalten des Besitzers stehen und als Einrichtung ganz gut funktionieren – vor allem aber als Identifikationsobjekte fungieren, die den Besitzer einer ganz bestimmten Schicht zuordnen.
Ein weiteres, für diese Ausstellung tragendes Thema stellt die Schnittlinie zwischen Öffentlichkeit und Privatem dar, wie beide ineinander greifen, sich überlagern und einander beeinflussen.
Hier steht dafür das Begehren, etwas ganz für sich besitzen zu wollen, das viele andere auch gerne hätten. Das aber bringt gleichzeitig die Notwendigkeit mit sich, sich in einem (halböffentlichen) Bereich damit zu präsentieren, um als besonderes Individuum auch wahrgenommen zu werden. Dabei wird das inszenierte Privatleben einzelner Personen zu einem Katalysator für das Begehren einer breiten Öffentlichkeit.
Auf der anderen Ebene zeigt das Verlangen, sich mit dem zu umgeben, was alle haben, und damit scheinbar jedem ein Stück Sicherheit schenkt, welch breiten Raum die Öffentlichkeit im Privaten einnimmt, wie viele Möglichkeiten damit die Gesellschaft besitzt, das Privatleben des einzelnen zu beeinflussen und vor allem damit auch zu kontrollieren.
An Hand dieser Ausstellung zeigen wir uns aber auch selbst als einen Teil dieses Spiels – wir präsentieren unsere Kunst als hehre Darstellungsobjekte, die sich über die Alltagsgegenstände und natürlich in Folge auch über ihre eigene Materialität zu erheben versuchen. Und wie jeder Künstler streben auch wir eine gesellschaftliche Anerkennung an, die in der musealen Inszenierung, der letzten und höchsten Stufe gesellschaftlicher Kanonisierung ihren Ausdruck findet – und uns damit das kleine Stück Sicherheit bieten würde, nicht ganz allein zu sein.
Petra Fohringer
Die malerisch-installative Arbeit “In Szene” von PETRA FOHRINGER beschäftigt sich mit Innenräumen und ihrer sozialen Interaktion. Ausgehend von Räumen aus Filmen, die sie in Malerei übersetzt, verifiziert sie die Möglichkeiten der sozialen Interaktion in diesen, indem sie die Personen aus den Filmbildern entfernt und statt dessen Menschen aus ihrem privaten Umfeld darin einfügt, um damit wieder neue Räume zu erschließen.
Ihre Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Inszenierungen des Lebens und deren Kulissen bilden den Ausgangspunkt für ihre Malerei. Mit der Darstellung des Ortes einer Handlung wird Raum für neue Geschichten ermöglicht. In den für diese Ausstellung gemalten Kollagen wurden medial inszenierte Lebensräume verwendet, die den Anschein von Wirklichkeit vermitteln sollen. Für den Film werden dazu Kulissen geschaffen, in denen das Möbelstück, so wie alle Einrichtungsgegenstände, der Projektion von Inhalten dient. Räume zeigen nicht nur die Lebensumstände ihrer Bewohner, sondern verdeutlichen auch deren gesellschaftlichen Status, bis hin zur moralischen Bewertung.
In diese Film-Kulissen setzt Petra Fohringer fotografierte Szenen aus ihrem sozialen Umfeld, um so eine überlagerung von Lebensträumen und realen Räumen mit all ihren Deckungsgleichungen und Verschiebungen zu zeigen
Michael Lauss
Das Thema von MICHAEL LAUSS könnte man unter dem einfachen wie alltäglichen Begriff “Kiste” zusammenfassen: er nimmt das Material, zerteilt es, höhlt es aus und baut es in einer spielerischen Weise wieder zusammen. Das Interesse gilt dabei mehr dem Raum, den es umschließt und von dem der Betrachter wie der Künstler selbst ausgeschlossen scheint, in den nur gucklochartige Blicke möglich sind. Die eine Arbeit ist ein aus Holzfragmenten zusammen gesetztes Objekt, das wie ein Sofa aussieht, jedoch mehr eine Kiste ist als ein zum Ausruhen gedachtes Möbelstück. Die zweite Arbeit “Bleikiste” ist eine Umkehrung der sonst üblichen Kistenform: durch eine türartige Öffnung geht man in das Innere einer Kiste, die mit Bleiblech ausgekleidet ist. Durch zwei Gucklöcher kann man in den Außenraum blicken, der aber nicht zu betreten ist – geschützt wie in einem Bunker schweift der Blick durch die Gucklöcher – doch auch diese “Außenwelt” erweist sich nur als eine leere Kiste.
Stefan Mittlböck: Kopfstand (2008)
Stefan Mittlböck-Jungwirth-Fohringer
Die Installation “Kopfstand” von STEFAN MITTLBÖCK-JUNGWIRTH-FOHRINGER besteht aus einer kurzen Filmsequenz, die an die Wand projiziert wird, und geätzten Kupferplatten, die sowohl ein Zwischenstadium der Arbeit zeigen, als auch als Referenz an das erste Vervielfältigungs-Medium dienen.
Die Frage nach dem “akrobatischen” Aufwand, welcher notwendig ist, um die eigene künstlerische Arbeit in das Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken, bildet das zentrale Thema dieses Kurzfilms. Gezeigt wird, wie der Künstler versucht, auf einem Couchtisch einen Kopfstand zu machen. Die Aufnahmen dazu fanden im privaten Wohnzimmer statt, die einzelnen “Frames” wurden dann in Kupferplatten geätzt, die diese eigenwillige Ästhetik entstehen lassen – Licht und Schatten sind dabei die tragenden Elemente. Die Gesamtlänge des Films beträgt 50 sec.
Otto Saxinger: X-RE-Portrait 2 (2007)
Otto Saxinger
Die Arbeiten von OTTO SAXINGER, im besonderen die hier gezeigte Serie “X-Re-Portraits” beschäftigt sich mit dem Grenzbereich zwischen Privatem und Öffentlichkeit: wo fängt der eine an, wo hört der andere auf. Dabei spielen die Massenmedien, wie Magazine, Radio und Fernsehen, vor allem aber immer mehr das Internet, eine sehr große Rolle. Sie führen am deutlichsten vor, wie diese Bereiche ineinander fließen, das private Leben unter dem Einfluss der Öffentlichkeit steht, ja permanent unterwandert wird, gleichzeitig aber immer leichter auch das öffentliche Leben sehr gut aus dem “geschützten Bereich” des Privaten zu bedienen ist, also der Bereich des Privaten als scheinbar “sichere” Operationsbasis zur sozialen Interaktion dienen kann.
Ausgehend vom Selbstportrait hat sich der Focus auf das “Selbstportrait des Anderen” gerichtet – anonyme Personen, die in Massenmedien wie ein unbewusstes Spiegelbild des Zuschauers auftauchen und deshalb eine wesentliche Rolle als “Erscheinung des Anderen” darstellen. Dabei rücken diese unwichtigen “Randfiguren” ins Zentrum des Interesses, minimale Ausschnitte werden in einer Dimension gezeigt, wo sich mediale und technische Gegebenheiten, wie Papierstruktur und Rastergrößen, Schön- und Widerdruck, in einer Gleichwertigkeit mit dem Inhalt der Darstellungen zu einem neuen Bild vereinigen.
Kurzbiographien:
Petra Fohringer
geb. 1978 in Linz
1996/2003 Studium der Malerei am Institut für Bildende Kunst und Kulturwissenschaften in Linz
2003 Würdigungspreis des Bundesministeriums, Arbeitsstipendium des Bundesministeriums
Ausstellungen (Auswahl)
2000 Projekt “Körpergrenzen” Gemeinschaftsausstellung in der Galerie im Stifterhaus
2001 Festival 4020-Mehr als Musik, Installation “Bewegungsgeflecht” / Gemeinschaftsarbeit; Festival der Regionen, Gemeinschaftsprojekt “Tatort””Mit Ohne uns nicht”, Gemeinschaftsausstellung im Kunstraum Göthestraße in Linz,
2002 “KUHNST” in der MASC Foundation Wien; “Das unbedeutende Eck”,
2003 “best off 03” im OK – Centrum für Gegenwartskunst, Linz
2005 “Higher than the sky” Galerie der Kunstuniversität Linz
2006 Salzburger Kunstverein; Jahresausstellung
Michael Lauss:
Geb. 1955 in Linz, lebt in Messnerschlag /Wegscheid und arbeitet in Linz
Autodidakt mit den Arbeitsgebieten Bildhauerei und Malerei. Mitglied der Maerz in Linz und im Bundesverband Bildender Künstler Deutschland. Teilnahme an internationalen Bildhauersymposien u. a. in England, Österreich und Slowakei. Regelmäßige Ausstellungstätigkeit; Werke in öffentlichem und privatem Besitz.
Auswahl:
2001/2002 Gestaltung der Krankenhauskapelle Wegscheid.
2003 Atelierstipendium des Landes Oberösterreich in Krumau /Tschechien.
2006 “Grenzstein” 200 Jahre Bayern, Hauzenberg.
2007 “Panoramastrasse” Sauwald, Oberösterreich.
2007 Kulturpreis Landkreis Passau, Bayern.
Stefan Mittlböck-Jungwirth-Fohringer
geb. 1977 in Linz
1998/2004 Studium der Malerei am Institut für Bildende Kunst und Kulturwissenschaften in Linz
2004 Talentförderungsprämie des Landes Oberösterreich
seit 2006 Mitglied der Künstlervereinigung MAERZ
Ausstellungen/ Projekte (Auswahl)
2001 Festival 4020 Mehr als Musik Guckkasten-Installation, Festival der Regionen, Gemeinschaftsprojekt “Tatort”. Best of “Heimfahrt / Landesgalerie Linz;
2002 “ausgangspunkt raum medium egal”, Kunstraum Goethestrasse, “KUHNST” in der MASC Foundation Wien “Heimfahrt” in der Stadtgalerie Wels
2003 Beteiligung am Workshop HUMO mit Rafael Lozano Hemmer, Mitglied im Kulturverein für Genussorientierte Kunst “Lebensmittel.”, Projekt: Feldküche
2004 Diplomausstellung in der Künstlervereinigung MAERZ “zeit-auf-wand”; Präsentation den Filmes “Restroom” im American Museum of Moving Image in New York; “WELTEN.” mit C. Cimek in der Margret Bilger Galerie, Stift Schlierbach
2005 “Schnellschuss” und “Automatenidylle”, Landeskulturzentrum Ursulienenhof Linz, “Higher than the sky” Galerie der Kunstuniversität Linz , 2006″neu im MAERZ”, Künstlervereinigung März , 2007 “Selbstportrait”,im Rahmen “ganz Linz” des Ars Electronica Festivals
Otto Saxinger
Geb. 1967 in Kollerschlag, lebt in Koppl.
1990-96 Hochschule für Gestaltung / Experimentelle Visuelle Gestaltung,
1998 Auslandstipendium des Bundeskanzleramts in Paris / Cité des Arts,
1999 Talentförderungsprämie f. künstl. Fotografie d. Landes O.Ö.
Seit 1998 Mitglied der Künstlervereinigung MAERZ
Auswahl: 1991 Euthanasie-Mahnmal, Salzburg (Katalog) – 1992: Galerie “The Only One”, Rohrbach – 1993 Galerie 5020, Salzburg – 1994 Galerie im Jazzatelier Ulrichsberg, Bilder/Installation – (Katalog) – 1997 Galerie MAERZ, Linz – 1999 Kulturzentrum bei den Minoriten, Graz – 2000 “Office in Tel Aviv”, Tel Aviv(Il), “Augenklappe”, Kunstbuch, BLATTWERK, Linz-Wien – 2002 “Acesso Remoto”, Rio de Janeiro/Galeria Mira Schendel und Linz/Galerie MAERZ – 2007 Galerie “ARS99”, Peuerbach/OÖ., Coletiva Buraco, Rio de Janeiro.
Seit 1987 mehrere Kurzfilme