Ausstellung:
be water, my friend
Martin Bischof (AT), Eva Eichinger (AT), Jana Horálková (CZ) und Ilona Rainer-Pranter (AT)
Ausstellungseröffnung am Dienstag, 7. März 2023, 19.00 Uhr
Empty your mind, be formless. Shapeless, like water. If you put water into a cup, it becomes the cup.
You put water into a bottle and it becomes the bottle. You put it in a teapot, it becomes the teapot.
Now, water can flow or it can crash. Be water, my friend. – Bruce Lee
Begrüßung: Rainer Nöbauer-Kammerer (MAERZ)
Zur Ausstellung spricht: Gabrielle Cram
Öffnungszeiten der Ausstellung:
Ausstellungsdauer: 08. März bis 24. März 2023
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 15.00 –18.00 Uhr
BE WATER, MY FRIEND
Als geflügeltes Wort meint Be water, my friend heute sowas wie einen empathischen geschwisterlichen Ratschlag bleib ruhig, nimm es locker, wenn wir auf Widerstand stoßen, in
Zeiten des Konflikts. Wörtlich bedeutet es eben wie Wasser zu sein, sich nicht an die Gegebenheiten zu verschwenden, sondern die Form zu ändern, um sich nicht zu reiben, seinen Zustand aufzuheben, und damit die vermeintliche Situation selbst aufzulösen, um der angetroffenen Gegenwart neu zu begegnen, fluide zu bleiben, um nicht (an)getroffen zu werden.
Das Bruce Lee Zitat Be water, my friend, entstammt einem Interview aus den 70er Jahren, erfahren wir im Kontext der Ausstellung und, dass dieses den Künstler_innen Ausgangspunkt für die nach ihm benannte Ausstellung war. In dem Interview spricht Lee über die Kunst, sich wie Wasser zu bewegen:
Empty your mind, be formless. Shapeless, like water. If you put water into a cup, it becomes the cup. You put water into a bottle and it becomes the bottle. You put it in a teapot, it becomes the teapot. Now, water can flow or it can crash. Be water, my friend.
– Bruce Lee in der Pierre Berton show 1971
Wie die Künstler_innen in der Ankündigung zu ihrer Ausstellung bedeuten, besitzt Wasser an sich keine Form, passt sich stets seiner Umgebung an, wird zu dieser. In der Ausstellung Be water, my friend spüren die Künstler_innen der Frage nach, „was durch Raum vorgegeben wird und welche Eigenschaften durch Fluss entstehen.“
Die Visualisierung der Bewegung steht im Fokus der künstlerischen Rauminterventionen, die Bewegung der Betrachter_innen inkludierend. Wer generiert wen — die Bewegung die Form oder die Form die Bewegung? In der steten Bewegtheit eines perpetuum mobile, oszillieren wir zwischen den Deutungsmöglichkeiten und Bedeutungsebenen der ausgestellten Arbeiten und bewegen uns, unsere Rollen und Gestalten in Beziehung zu ihnen einnehmend. Wie in einem Kippbild schließt sich so beständig bewegt der Kreis, Ouroboros, die Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt, Anfang und Ende in sich verkörpernd, Gegensätze vereinend, die Ewigkeit als endlosen Fluss, der alle Formen immer wieder bereits birgt. In den Arbeiten der Künstler_innen werden unsere Perzeptionsformen herausgefordert, bestehende Dispositive und Raumordnungen befragt und Kulturen des Betrachtens in Bewegung gebracht. So betrifft die raumgreifende in situ Intervention von Martin Bischof den Ausstellungsraum selbst und damit auch den Zwischenraum. Bezüge zwischen den Arbeiten, den Besucher_innen und dem Raum werden in Bewegung versetzt so wie die Betrachter_innen selbst, ihre Blicke lenkend oder verdeckend.
In der kollaborativen Arbeit When I am inside is when I am not exposed von Ilona Rainer-Pranter und Eva Eichinger wiederum wird die Betrachter_in im Akt des Betrachtens selbst Teil der Betrachtung und damit der ausgestellten Arbeit, obgleich die eigene Tätigkeit des Betrachtens intakt bleibt. Die Gleichzeitigkeit eines Innen und Außen setzt die Wahrnehmung in Bewegung und erlaubt in der einen oder anderen zu verweilen. Jana Horálkova erlaubt uns zeitweise in ihrem Cocoon zu verschwinden, ein Raum im Raum, der uns aus einer Anwesenheit in eine andere enthebt, ohne den Raum zu verlassen. In Be water, my friend erleben wir Raum nicht als festschreibende Figur, sondern als fluide Gestalt, welche darauf wartet ihre Konturen zu öffnen und in dem Betrachter_innen über ihre Bewegungen Linien für neue Kategorien und Inhalte werfen können. Damit die Einladung an die Betrachter_innen sich zu bewegen und nicht zuletzt über den Körper mit dem Raum und den angetroffenen Arbeiten in Kontakt zu treten. Das Angebot ist ein Aktives, wobei es um die Erfahrbarkeit und Sichtbarmachung von affektiven, physischen und mentalen Zuständen geht, welche uns jeweils in Gegensatzpolen erfahrbar gemacht werden. So bewegen wir uns zwischen innen und außen, sichtbar und unsichtbar, exponiert und geschützt, Körper und Geist, Stillstand und Bewegtheit, sicher und unsicher, allein und gemeinsam, aktiv und passiv, versteckt und gesehen, usw.
Der französische Philosoph Jacques Rancière bedeutet, dass heute das Politische der Kunst nicht mehr darin besteht, in Platos Höhle die Illusion zu realisieren, sondern dass wir uns in Platos Höhle bewegen können, um in der Bewegung den eigenen Handlungsraum zu entdecken. Sinnstiftende Bewegung und Selbstwirksamkeit werden dort erfahrbar, wo movens und agens zusammenfinden und über ein in Beziehung setzen stets neu in Kontakt treten.
—— Gabrielle Cram