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linzer notate 2/06

20. April 2006 @ 19:30 - 23:30

ein literarischer Abend mit Erin GEE, Christine Huber und Franz MON

Konzept: Christian Steinbacher

ERSTSPRACHEN, WORTSCHNELLEN, FANGLEINEN:

Die in den USA geborene junge Komponistin und Stimmkünstlerin Erin Gee lässt das hörende Gehirn sich an unsere frühkindlichen Versuche im Ausprobieren von Lauten erinnern. Christine Hubers Spuren ähnliche Formungen gehen ebenfalls oft vom Klang der einzelnen Wörter aus. Den von einer konkreten Sprachhabe geprägten Arbeiten der beiden „Autorinnen“ folgt ein Auftritt eines Vaters der „Konkreten Poesie“, Franz Mon, Jg. 1926, der sich für sein Tun auch neueste Technologien zunutze gemacht hat.

 

Dank an: Land OÖ, Stadt Linz, BKA, Grazer Autorenversammlung

 

Ausstellungsrundgang "zu Egon Hofmann"
aus: „Mouthpiece IV – part2“

Erin GEE, geboren 1974 in Kalifornien, lebt in Graz. Sie studierte Komposition und Klavier bei Lawrence Fritts und Réne Lecuona in Iowa; es folgte eine Aufbaustudium bei Beat Furrer in Graz. Sie komponierte Musik für Theater und Film und ab 1999 v. a. so genannte Mouthpieces, welche sie auch im eigenen Auftritt realisiert. Einige dieser „Mund-Stücke“ stehen zu Beginn des „literarischen Abends“. Denn: Es lässt sich als deren Ort auch ein gemeinsamer Nenner geltend machen zwischen den Ausdrucksweisen des musikalischen und des sprachlichen Lauts (und Gees Vortragsweise als Stimmkünstlerin erinnert teils an die Vortragskunst mancher Lautpoetinnen, etwa Amanda Stewart). Die Autorin Lisa Spalt schreibt, dass in Gees purem, semantikfreiem Ansprechen nicht nur die Performerin Gee, sondern auch unser hörendes Gehirn zur Freude der frühkindlichen ersten Lauterzeugungen zurückkehre; das Beinahe-(wieder-)Verstehen verleihe den Stücken einen melancholischen Charme. Und Spalt betont in dem Zusammenhang, wie sehr Kommunikation eher soziale Gestik als wortsprachliche Äußerung sei. Meist werden Gees Stücke zunächst auf Tonträger notiert und anschließend transkribiert, wobei sie diverse Notationsweisen durchlaufen können (so entsteht für das diesjährige Klangspuren-Festival, bei dem Gee auch als Solistin mit dem RSO Wien auftreten wird, u. a. eine Wiederbearbeitung früherer Solo-Stücke für den Lettischen Radio-Chor). Zu ihrem Mouthpiece IV, das bei den „notaten“ in der Künstlervereinigung u. a. am Programm steht, schreibt sie: „First the sounds were organized through self-defined categories based on my recent readings in linguistics, then I re-interpreted the sounds that had been grouped together, and added back the original Sanskrit text whose vowel-consonant structure I had copied

 

Christine HUBER, geboren 1963 in Wien, lebt in Wien und Mörbisch. Seit 1990 publizierte sie mehrere Bücher in diversen Verlagen, vor allem Gedichte. Und auch aktuell liegt mit dem kürzlich in der Das-fröhliche-Wohnzimmer-Edition erschienenen neuen Buch über maß und schnellen ein weiterer, neuer Gedichtband vor. Huber trat aber auch mit visuellen Arbeiten sowie Libretti und Texten für Neue Musik (zu Arbeiten u. a. von Furrer, Utz oder I-Tsen Lu, mit der sie eine Arbeit 1999 in unserer Künstlervereinigung präsentierte) hervor und schrieb Hörstücke (u. a. mit dem Komponisten Stankovski). Der Literaturwissenschafter Thomas Eder schreibt zu der Autorin, die sich mit dem Schweizer Lyriker Ingold auf „das nachfolgen von sinn nach einem klang“ beruft, dass es hier um die Bevorzugung des Klanglichen vor dem Bedeutenden ebenso gehe wie um den womöglich hinterrücks sich einstellenden Sinn. Hubers jüngste Gedichtsammlung generiert und mitverfolgt Mikrotextbewegungen. In einem Nachsatz des Buches betont die Autorin, wie sie sich in ihrem Tun auf die materialen Aspekte von Sprache konzentriert. Sie spricht nicht nur von Gestaltung, sondern insbesondere auch von Prozessen des „Findens“, und sie beruft sich u. a. auf die Tradition der Konkreten Poesie und deren Versuche mit neuen Kombinationsmöglichkeiten von Sprachbestandteilen. Die Schreibweise ist nicht ohne Kalkül, scheint jedoch mehr dem Informell als der Konstruktion verpflichtet. Dem Lesenden verbleibt der Mitvollzug der Linien-Führung, er wird aber auch zum Herauslesen semantisierbarer Inseln aus einer fast nicht befüllten, weil eben nur aus blanker Bewegung bestehenden Welt motiviert. Als mögliche „Binnenverläufe“ eines sprachlichen Denkens gedeihen Hubers objekt- und standpunktfreie Gefüge. „das auswärts sperren“, heißt es in einem Gedicht.

Ausstellungsrundgang "zu Egon Hofmann"
Textcollage: Franz Mon

Franz MON, geboren 1926 in Frankfurt am Main, lebt ebendort. Bereits sein erstes Buch artikulationen aus dem Jahr 1959 demonstrierte eine Sprache, die sich „von allen Verfügungsansprüchen lossagt“, um andere „sicht-, hörbare Phasen umfassender Prozesse“ zu veranschaulichen. Seither gilt Mon als unermüdlicher Pionier der konkreten, der visuellen und der phonetischen Poesie, auch was die Arbeit an deren theoretischer Grundlegung und Vermittlung anbelangt (so sind seine Ausstellungen konzipierende oder verlegerische Arbeit ebenso in bleibender Erinnerung wie seine fundamentalen Essays). Mons Dichtung wird geleitet von einem Aufbrechen alter Ordnungen zur Auslotung neuer Bedeutungszusammenhänge; im Blick steht dabei zentral „das verhältnis von zeichenaufwand und realisierbaren beziehungen“. An Büchern des Autors erschienen zuletzt u. a. die Gesammelten Texte in Gerhard Wolfs Janus press (1994-1997) sowie 2004 in der edition selene der Band Freiflug für Fangfragen, der nicht nur neue Alphabetgedichte nebst Verbalcollagen enthält, sondern dem auch eine CD mit Lauttexten seit 1960 beigeschlossen ist. Neben phonetischen Sprechstücken („gleitenden Artikulationsbändern“) entstanden – in Weiterentwicklung dieser – seit Ende der 1960erJahre auch zahlreiche die Entwicklung des Neuen Hörspiels nachhaltig prägende experimentelle Hörspiele. Im Vorjahr produzierte das ORF-Kunstradio Mons radiophone Arbeit Käm‘ ein Vogel geflogen, in der die 5.1-Kanal-Technologie zum Experimentierfeld für eine kompromisslose Artikulations-Montage in Wort-Lauten wird und zu bislang nicht zugänglich gewesenen Stimmqualitäten und Worterfahrungen führt. Ein Ausschnitt daraus wird des Autors Lesung einleiten, der diese (so wie auch zuletzt hier 1994) stets einmalig unter Heranziehung jüngeren und älteren Materials zusammenstellt.

Details

Datum:
20. April 2006
Zeit:
19:30 - 23:30
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