Mit den gezeigten Arbeiten wird ERSTMALS IN ÖSTERREICH das Werk des großen Künstlers und Schriftstellers Carlfriedrich Claus (1930-1998) in einer Personalausstellung gezeigt. Claus hat seit den frühen fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein Œuvre geschaffen, das im Spannungsfeld von Philosophie, Bildender Kunst und Literatur siedelt. Sowohl visuell mit seinen „Sprachblättern“ als auch akustisch mit seinen „Sprechoperationen“ hat er die Dimensionen menschlichen Bewusstseins ausgelotet. über Jahrzehnte lebte er weitgehend zurückgezogen im Erzgebirge, war aber durch eine weltweite Korrespondenz in die internationale Szene experimenteller Literatur und skripturaler, gestischer Kunst eingebunden. 2005 haben die Kunstsammlungen Chemnitz in der viel beachteten Ausstellung Schrift. Zeichen. Geste. Carlfriedrich Claus im Kontext von Klee bis Pollock das Werk dieses Solitärs vorgestellt. Die Stiftung Carlfriedrich Claus-Archiv der Kunstsammlungen Chemnitz, die den Gesamtnachlass des Künstlers bewahrt, hat auch die Leihgaben für die repräsentative Linzer Doppelausstellung zur Verfügung gestellt.
In der Künstlervereinigung MAERZ vermitteln ausgewählte Exponate aus allen Schaffensphasen einen Querschnitt des Claus’schen Œuvre, im StifterHaus werden die Radierungen des Aurora-Zyklus gezeigt, ergänzt um Tagebücher, Manuskripte und ausgewählte Briefe im Umfeld dieses Zyklus.
Zum Bezug der Claus’schen Arbeiten zum Thema des Festivals: „Tiefenschärfen, Oberflächen“
Claus‘ Arbeit der Überschreibung und Verdichtung sind Sprachdenkimpulse, die aufgezeichnet werden (und weiter anregen sollen). Sie gehen nie von der optischen Vorstellung aus, weshalb der zwar inzwischen auch im Kontext der Bildenden Kunst relevant rezipierte Künstler Claus seine Arbeiten stets als „Literatur“, wenn auch als „Randgebiet von Literatur“ bezeichnet hat. Ein unendlicher Prozess weist die einzelnen Arbeiten stets als Zwischenergebnisse eines fortschreitenden Selbstexperiments aus. Claus vervielfältige, so der Kritiker Erich Franz, die Schichten der Kontaktbildungen bis zur Erfahrung unbegrenzter Tiefe. (Und allein schon dies gibt eine Klammer zu den „Tagen der Poesie“ Für die Beweglichkeit, die heuer unter dem Motto „Tiefenschärfen/Oberflächen“ stehen.)
Brigitta Milde, geb. 1955, lebt in Chemnitz. Die Kunsthistorikerin arbeitete mit Claus wiederholt in Ausstellungsprojekten zusammen. Seit 1993 ist sie Kustodin in den Kunstsammlungen Chemnitz, seit 1999 Leiterin des dortigen Carlfriedrich Claus-Archivs. 2005 kuratierte sie die Ausstellung Schrift. Zeichen. Geste. Carlfriedrich Claus im Kontext von Klee bis Pollock.
Valeri Scherstjanoi, geb. 1950 in einem Gulag-Lager in der kasachischen SSR, übersiedelte 1979 in die DDR und lebt seit 1981 in Berlin. Die Arbeit des Lautpoeten und Schriftkünstlers ist grundiert durch eine rund 40-jährige Beschäftigung mit dem russischen Futurismus. Claus, den er kurz nach der übersiedlung kennen lernte, hatte auf ihn einen prägenden Einfluss.