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Things we never did

15. Dezember 2010 @ 19:30 - 18. Februar 2011 @ 22:00

Künstler/-innen: Iris Andraschek/Hubert Lobnig, Josef Bauer, Gerhard Brandl, Claudia Czimek, Oliver Dorfer, Walter Ebenhofer, Gottfried Ecker, Siegfried A. Fruhauf, Gregor Graf, Sibylle Gusenbauer, Harald Gsaller, Waltraud Goffitzer – Thalhammer, Bodo Hell, Christoph Herndler, Karin M. Hofer, Klaus Hollinetz, Dagmar Höss, August Kürmayr, Anton Kehrer, Kathi Lackner, Kurt Lackner, Pepi Maier, Gerlinde Miesenböck, Bernd Oppl, Irmgard Perfahl, Andrea Pesendorfer, Claus Prokop, Josef Ramaseder, Otto Saxinger, Pia Schauenburg, Klaus Scheuringer, Waltraud Seidlhofer, Peter Sommerauer, Karo Szmit, Doris Walaschek, Udo Wid

VERLÄNGERT BIS 18. Februar 2011!

Idee / Konzept: Beate Rathmayr

Things we never did zeigt ein Archiv unrealisierter Ideen.

Im Dezember eröffnet die Künstlervereinigung MAERZ eine Ausstellung, bei der Dinge, die nie getan wurden, für einige Wochen zu sehen sein werden. Eine Sammlung aus geschriebenen, gesprochenen und skizzierten Fragmenten macht verkannte, unerfüllte und unfertige Ideen sichtbar.

Dinge, die wir nie getan haben, sind schwer zu fassen, sie sind nicht sichtbar, aber bezeichnen dennoch Bestehendes. Sie beinhalten Wünsche und Enttäuschungen, lösen Diskussionen über den Wert des Materials, der Form oder der Produktion aus oder nennen ein Recht auf den intellektuellen Besitz.

Diese Sammlung nichtrealisierter Projekte will zeigen, dass es kein Rezept für künstlerische Produktion an und für sich gibt, sondern dass es vielmehr um Entwicklungen geht, die nur schwer vorhersehbar sind. Das Thema erlaubt, mit Unsicherheiten zu operieren, Dualitäten zuzulassen und einen Beistrich statt eines Punkts an das Ende zu setzen.

In jedem Fall eröffnet das Projekt Things we never did viele Fragen: Werden diese  unrealisierten Ideen als Potential oder Fehler wahrgenommen, als nie endende Erwartung eines zukünftigen Erfolges oder die zerschmetternde Erkenntnis eines unerreichten Ziels? Wie geht es weiter oder was bleibt übrig?

Spekulationen und Vorstellungen einer möglichen Zukunft sind die stärksten Beweggründe für künstlerische Prozesse. Sich damit zu beschäftigen, was noch nicht vorhanden und was da sein könnte. Es ist selten die Form an sich, es ist vielmehr der Prozess, der uns motiviert.

Sehr unterschiedliche Positionen treffen sich da unter BildhauerInnen, Konzept-künstlerInnen, AutorInnen oder MusikerInnen. Mitglieder der Künstlervereinigung thematisieren Dinge, die sie nie getan haben, machen sie sichtbar und brauchbar und zu Dingen, die sie für diese Ausstellung getan haben.

 

Beiträge und Statements der teilnehmenden KünstlerInnen:

Nr. 1 Iris Andraschek und Hubert Lobnig

Schickten ein Mail, das als Ausstellungsobjekt dient.

„Liebe Beate,

das ist das erste Mal, dass wir zu einer Ausstellung, an der wir teilnehmen, keine Arbeit verschicken.

Iris Andraschek & Hubert Lobnig“

Nr. 2 Christian Bartel

Archivierung von Ideen

Mit speziellen Gegenständen, die von mir im Lauf der Zeit erworben werden, sammle ich Ideen, die ich spontan mit dem Gegenstand verbinde. Oft ist es auch nur die Lust und die Faszination, die ein Ding in sich trägt. Meistens in Verbindung mit einem konkreten Gedanken, den ich in Beziehung zu Kunst oder einer künstlerischen Arbeit entwickle. Die Gegenstände bleiben oft lange im „Archiv“, werden immer wieder neu geordnet, finden aber oft nicht zur Finalisierung einer konkreten Arbeit.

Sie bleiben „things we never did“ zwischen „made“ und „ready made“. Beeindruckend sinnlose Dinge, die ihren neuen Platz erst finden müssen.

Nr. 3 Josef Bauer

In den sechziger Jahren interessierten sich weder Museen noch Galerien für Arbeiten, in denen ich Dinge – Texte in Beziehung setzte. So beschränkte ich mich auf Installationsmodelle. Diese Raumnotizen hielt ich fotografisch fest.

Nr. 4 Gerhard Brandl

1990 – Das Gemeinschaftsprojekt – „Die verlorene Unschuld“ – eine Malereiausstellung –

zwei Ausstellungsorte – Linz und Wien – eine Künstlerin – fünf Künstler – sechs Tafelbilder  –

lauter Madonnen – alle ident gemalt – neun Monate Arbeit – halbes Projekt fertig

alle Beteiligten zerstritten – Präsentation abgesagt – Werke bleiben unvollendet

Nr. 5 Claudia Czimek

Bei den „Durchforstungsarbeiten“ in meinen Aufzeichnungsbüchern für dieses Thema stieß ich auf eine interessante Erscheinung.

Alles ist im Wandel und „things we never did come back!“

Da stolperte ich tatsächlich über aufgeschriebene Einfälle, die ich wieder vergessen hatte und dann Jahre später als momentane Idee verwirklichte und gar nicht mehr wusste, dass ich sie schon einmal im Kopf gehabt hatte. Gleichzeitig arbeite ich gerade an der Umsetzung eines Projektes, dessen „Wurzelidee“ das Alter von 10 Jahren hat. So kam es mir in den Sinn, dass ungetane Dinge einfach schlummern; in einer Art Gedankenpool als Unterwasserluftblasen dahintreiben. Und von Zeit zu Zeit, im geeigneten Kontext, wieder enthusiastisch aufstoßen und an die Oberfläche gelangen. Ungetanes als ein Bestand, aus dem man immer wieder unbewusst und auch  bewusst schöpft.

Andrerseits gibt es Sachen, die einfach nicht verwirklicht werden müssen, da sie nur der Zwischenschritt sind, ein Mittel zum Zweck der Weiterentwicklung. Aber gerade dieser nie sichtbar werdende „Zwischenschritt“ ist eine ebenso kostbare Blase im Gedankenpool. Und manchmal weiß man noch gar nicht, dass darauf noch etwas Ausgereifteres folgen wird.

„things we never did“ als gedanklicher Weinkeller mit Reifungseffekt.

Unrealisierte Projekte, die von Förderstellen abgelehnt wurden. Von außen abgesagte Projekte, die aber eine innere, persönliche Zustimmung besitzen. Diese würde ich nicht als „things we never did“ bezeichnen, das wäre für mich ein beschwerliches Schlussstrichziehen. Dinge, die umgesetzt werden „müssen“ (ein persönlicher Zwang), kommen wieder. Wenn auch eventuell in einer neuen Form verpackt.

Dinge, die man über Jahre besitzt und aufhebt, weil ihre formale Erscheinung inspirierend wirkt, aber sich dennoch keine konkrete Arbeit damit einstellt. Einige dieser Sachen haben mit mir den Weg zum Altstoffsammelzentrum gemacht- und fuhren auch wieder mit nach Hause- aus unerklärbaren Gründen einfach noch nicht weggebbar…

„things we never did“ als Fetischobjekt für zukünftige Arbeiten

Plötzlich erschien mir „things we never did“ als eine definitive, abschließende Bezeichnung, mit der ich gedanklich Probleme hatte. Es war mir unmöglich, eines der Projekte, Ideen oder Objekte herauszugreifen und als ungetan zu titulieren. Ich sehe „Dinge, die wir (noch) nicht getan haben“ als positives Grundkapital, als einen „Schatz“, dessen konkrete Namen ich öffentlich ungenannt lassen möchte. Auf dass sie in veränderter Form wiederkehren und verwirklicht werden.

Nr. 6 Oliver Dorfer

Seit ich mich in meinem beitrag „default composite?“ im rahmen der ausstellungs-serie one night stand in der landesgalerie 2009 mit unrealisierten teilen meiner arbeit auseinandergesetzt habe, finde ich die theorie des „things we never did“ zusehends spannend.

In meinem aktuellen beitrag zu things we never did werden bildentwürfe, die nicht zur realisation gelangt sind, mit der ironischen frage, was letztendlich in einer künstlerischen produktion verwirklicht und welche bilder aus welchen gründen ausgeschieden werden, in der form eines kunstkataloges im maerz präsentiert. Da meine arbeiten zuerst als handskizzen entstehen und später am computer zu ihrer endgültigen form bearbeitet werden, gibt es einen großen fundus an nicht verwirklichten projekten. Da meine things I never did durch die segnungen der speicherei im laufe der jahre zu einem beachtlichen die verwirklichten arbeiten bei weitem übertreffenden berg angewachsen sind, erscheinen die philosophischen aspekte des tuns und lassens in zunehmend dringlicherem licht…

Nr. 7 Walter Ebenhofer

Ein paar lose Gedanken und Things – bei „Things we never did“ unterscheide ich in zwei große Gruppen, jene die ich aus eigenem „inneren“ Grund (EigenEntscheidung) nicht ausführte oder jene aus „äußerem“ Grund (z.B. weil es nicht gewollt wurde, nicht finanzierbar war). Es ist mir bewusst, dass bei genauerer Betrachtung da natürlich auch Zusammenhänge und Wechselwirkungen bestehen. Selbstzweifel und dann zu geringer Einsatz für eine Idee spielen da eine maßgebliche Rolle. Da berührt/fließt das „never did“ doch auch das/zum Scheitern.

Oder, und das wär eine dritte Möglichkeit, was ich keinesfalls, nie und never, tun würde – z.B. in Zukunft Schi fahren. –  Dies wird aber vielleicht auch ein Knotenpunkt/eine Sammlung guter Ideen sein. Und so manches kann ja, bei entsprechender Konstellation, doch noch getan werden. Und übrigens „Never Say Never Again“ – der gute alte James B.

Trotzdem alle Möglichkeiten einbeziehend ein paar „Things“ als einfache Aufzählung:

(…)

Nr. 8 Gottfried Ecker

zeigt eine Zeichnung, eine Skizze, die zwei Wörter beinhaltet: „Eigentlich schade!“

Nr. 9 Siegfried A. Fruhauf

Sie wirkt wie ein Lausbubenstreich, die Mona Lisa mit Spitz- und Zwirbelbart. Die Popularität des Gemäldes von Leonardo da Vinci ist ein wunderbares Motiv für einen dadaistischen Angriff. Marcel Duchamp hat es gewagt, mit einem Bart, den er diesem Portrait verpasste, die Werte der Kunst in Frage zu stellen. Das stößt einen unweigerlich, und vielleicht nicht nur als Künstler, immer wieder auf die Hinterfragung des eigenen Tuns. Doch manchmal sollte man die Hinterfragung vergessen und einfach nur tun. Diese Freiheit kommt einem geistreichen Ergebnis häufig näher als ein durchdachtes Konstrukt. Marcel Duchamp hat das getan. Im Falle der Mona Lisa mit Bart war ich eindeutig nicht beteiligt, obwohl ich in künstlerischer Hinsicht heute einen Teil der Konsequenzen daraus zu tragen habe. So bleibt das Bild vom bärtigen Fräulein als Motivation, etwas zu tun anstatt nichts, um die angesprochene Freiheit weiterzutreiben.

Nr. 10 Gregor Graf

Einen großen Plan gibt es nicht, aber die Verwirklichung und das Zerbröselnde vor die Idee zu stellen ist mir fremd. Manchmal werden bis zuletzt nur Gedanken gewälzt und selten geht es glatt von der Hand. Das Richtige braucht eben sein spielerisches Moment.

Aber warum es dann zufrieden stellt oder nicht, kann ich nicht verstehen. Das ist eine Wirklichkeit, die ich akzeptiere. Ich weiß nicht, was noch nie war, aber alles andere habe ich trotzdem getan.

Nr. 11 Alfred Grubbauer

„Denkstrukturen brechen“ und „mit einem neuen Medium arbeiten“, das lässt sich schnell in ein Konzept schreiben. Ausschnitte aus den tagebuchähnlichen Aufzeichnungen eines Auslandsaufenthaltes zeigen die Schwierigkeiten in der tatsächlichen Umsetzung.

Langsam, nach der zweiten Woche, findet sich eine Arbeitsidee, die letztlich doch zu einer Fotoserie führt, die ich aber noch nie öffentlich gezeigt habe.

Nr. 12 Harald Gsaller

Gerechtigkeit für Cindx (Ding Ding)

Im Rahmen eines Auslandsatelier-Aufenthaltes des BMUKK an der Shanghai Theatre Academy bilden die Studenten Cindy (Ding Ding) und Fly (Fei) am 1. Oktober 2009 am Flughafen Pudong das freundliche Empfangskomitee für die europäischen Gastkünstler Elisabeth Grübl und Harald Gsaller. Cindy und Fei übernhemen die Einweisung; die offizielle Academy wird sich erst nach Abschluss der mehrtägigen Feiern zu „60 Jahre Volksrepublik China“ bei den Stipendiaten melden.

Schon in den ersten Wochen zeigt sich, dass der Versuch, die Liste der noch von Österreich aus konzipierten Arbeitsvorhaben auszuarbeiten, immer stärker mit neuen Optionen für work in progress kollidiert.

Auch zwei von Gsaller angedachte/skizzierte Foto-Projekte, die Cindy und Fei sowie ihre KollegInnen in je einer Inszenierung einbinden hätte sollen, fallen letztendlich den Parametern verfügbare Zeit, Prioritätenverschiebung, kein geeigneter Aufnahmeort/stark fallende Außentemperaturen zum Opfer…

Nr. 13 Helmuth Gsöllpointner

Schwimmende Badeinsel für O.Ö. Stausee aus Holz, Plattform ca. 30 x 15 cm, Auftrieb durch Porittblöcke und Fässer

Nr. 14 Sibylle Gusenbauer

Zeigt Fotos eines noch nicht realisierten Projektes, bei dem sie ein Gartenstück zubetonieren wollte, sich dazu aber noch nicht entschließen konnte.

Nr. 15 Waltraud Goffitzer – Thalhammer

Things we never did!

Es ist fast unmöglich, die Fülle der Möglichkeiten, Wünsche und Ideen, die im Laufe eines Lebens so auf EINEN zukommen, wirklich voll auszuschöpfen. Ich habe versucht in meiner Mappe einen Teil dieser, manchmal auch etwas unreifen, Ideen und Vorstellungen, humoristisch und auch ein wenig ironisch aufzuarbeiten. – Nicht alles, was ich BILD- und SCHRIFTLICH aufgezeichnet habe, war auch wirklich mein Herzenswunsch. – Z.B. wollte ich nie wirklich ein Kamel küssen. Die Idee ist mir erst bei Durchsicht meiner Fotos gekommen. – Oder, mit Schmuck hatte ich nie etwas „am Hut“. – Und mit der Dame im Schaufenster habe ich wirklich nichts gemein.- Aber wünschen kann man sich alles.—–Sehr ernst hingegen nehme ich meine etwas holprigen schriftlichen Aufzeichnungen.

Es war nicht ganz einfach, aus der Fülle meiner Entwürfe, Skizzen und dem allgemeinen, chaotischen Durcheinander in meinem Kopf etwas Brauchbares zusammenzustellen. Bis zu meinem Gespräch mit Frau Beate Rathmayr wusste ich sowieso nicht, wie man Dinge, die man nie gemacht hat, ausstellt.

Die übersetzungen OMARS des Zeltmachers (Rubaijat-I-Omar-I- Khajjam) beruhen auf der berühmten englischen Nachdichtung aus dem Jahre 1859 von Edward Fitzgerald. Ursprünglich wollte ich mindestens 40 dieser Vierzeiler übersetzen und illustrieren. Das war zwischen 1977 und 1980. Es hat mir großen Spaß gemacht, bis ich darauf gekommen bin; es gibt schon sehr gute übersetzungen aus dem Persischen ins Deutsche. Für die Ausstellung habe ich zwei dieser Rubaijate aus meinem alten Notizheft herauskopiert.

(…)

Nr. 16 Bodo Hell

Unterfutter

 als sprachliche Inseln aus dem täglichen Nachrichtenrauschen sammeln sich bereits über Jahre (bei mir in traditionellen Ordnern) diverse auffällige Sager, zwiespältige Formulierungen, aphoristische Prägungen, Sätze aus Gebrauchsanweisungen und Lebenshilfe-Empfehlungen, oft auch nur Auszüge aus Listenweisheiten etc. an, ein A4-Blatt für solche Fundstücke (auch aus den laufenden Notizbüchern) ist immer in den typewriter eingespannt, zur allfälligen verdoppelnden Abarbeit; ein umfangreicher Ausschnitt aus dieser Sammlung liegt in Kopie für die we never did-Ausstellung zum Blättern bereit

 dieses Unterfutter zu möglichen Textgestalten ist kaum je wörtlich in aktuelle „Erzählungen“ eingegangen, scheint aber die Voraussetzung für bestimmte Ausformungen von Montage-Prosa zu sein und eignet sich sowieso zur anregenden Kreuz- und Quer-Lektüre, Nebeneffekt: durch die Ausstellung entsteht für eine Autorschaft auf found-footage-MaterialBasis die aktuelle Anregung, sich so einer Art Exzerptise verstärkt zuzuwenden

Nr. 17 Christoph Herndler

Zeigt den Briefaustausch zwischen ihm und dem Auftraggeber für eine Komposition, in diesem wird die Nichtrealisation auf unterschiedlichen Weise und in mehreren Schleifen sichtbar.

Nr. 18 Karin M. Hofer

EASTBOUND. Sentimentales Tagebuch einer zukünftigen Reise. Klischees und
Traumbilder einer östlichen Paradieslandschaft hatten noch keine
Gelegenheit, mit vorgefundenen Wirklichkeiten konfrontiert zu werden:
Mitbringsel, Souvenirs, akkumuliert zu einer Vorstellungswelt idealeren
Lebens? – Kulturstudien, die noch durchzuführen wären…

Nr. 19 Klaus Hollinetz

„…Gauklerblumen an der Zeitwende…“

(einige Blätter aus einer Mappe mit Skizzen von 1988-89)

Lexikalische Assoziationsmaschinen, glossolalische Graphen, écriture automatique und Partituren, die keinen Klang haben: All das, um mögliche Formzusammenhänge aufzudecken, auf der Suche nach einer noch unerhörten Melodie, einem noch nicht vor-geschriebenen Text. Vielleicht ist es Gedankenfutter oder auch bloß Auswurf, Ventil, Steinbruch, Abraumhalden auf der Suche nach den im eigenen Gestein schlummernden Drusen, lächerliche Versuche der Spurenlese im Dickicht des eigenen Terrains.

Mir sind bis heute diese Notizen dennoch wichtig, zeigten sie mir doch, dass eine fremde Lesart des eigenen Materials möglich ist, wie von außen kommend, mit einem neuen Blick auf das vermeintlich Vertraute. Ich weiß nichts mehr darüber, wie diese Blätter entstanden sind, wusste es vielleicht nie und erkannte doch, dass ich darauf diese Blätter genau deshalb für die weitere Arbeit nicht mehr brauchen werde.

Waren es sinnlose Versuche? Unrealisiert, was immer das heißen mag, natürlich, aber mitnichten vergeblich.

Nr. 20 Dagmar Höss

Liebe alle, es geht sich nicht mehr aus, bin schon kurz vorm abflug…

und komme erst am 12. wieder zurück. das wird zu spät sein, korrekt…

Nr. 21 August Kürmayr

Die Geschichte der nicht gebauten Floriani-Kapelle mit dem blauen „Steinlaib“ von Bildhauer Karl Prantl (1923-2010)

Im Frühling 1981 bekam ich von der Gemeinde St. Florian – Bürgermeister Brunbauer – den Auftrag, für den neuen Friedhof ein Symbol zu entwerfen. Ich dachte: „Herrlich, das ist zwar kein Auftrag für einen Architekten, aber endlich die Gelegenheit, eine Arbeit mit meinem langjährigen Freund aus der Studienzeit, dem Steinbildhauer und Begründer der Bildhauersymposien Karl Prantl aus Pöttsching im Burgenland, zu machen.“

Auf einem Südhang hinter dem Stift, an der Schmalen Straße, sollte der neue Friedhof errichtet werden. Beim ersten Treffen vor Ort mit dem Bürgermeister Brunbauer, dem Propst Neuwirth und dem Bildhauer Karl Prantl sagte dieser, die Verwesung finde nicht linear, sondern kreisförmig wie der Grundriss der zwei dort stehenden großen alten Linden im Unendlichkeitssymbol der zwei sich schneidenden Kreise statt.

(…)

August Kürmayr, 5. Dezember 2010, 2. Adventsonntag

Nr. 22 Anton Kehrer

die photoarbeiten aus dem zyklus lightflow sind zumeist seriell und installativ gedacht. schon beim photographieren entsteht häufig die rauminstallation im kopf. um diese vorstellung auf ihre tatsächliche wirkung zu überprüfen, werden manchmal renderings von räumen angefertigt, so wie man auch skizzen oder projektzeichnungen anfertigt.

aufgrund der hohen produktionskosten  (eine bildtafel im format 100 x 150 cm beispielsweise kostet euro 1.000,–) einerseits, andererseits auch wegen fehlender räumlicher ressourcen können diese raumfüllenden arbeiten häufig nicht realisiert werden. die meisten werden vermutlich nie in die tat umgesetzt, einige wenige werden vielleicht in zukünftigen ausstellungen zu sehen sein.

der eigentliche kreative prozess hat stattgefunden, lediglich die physische umsetzung ist ausgeblieben, oder auf eis gelegt.

bei künstlerischen projekten verhält es sich ähnlich wie bei alltäglichen lebensprozessen. viele dinge, die wir planen, die wir uns wünschen, finden zwar konkret in unserer gedankenwelt statt, können aber oft nicht umgesetzt und auf die welt gebracht werden…

Nr. 23 Kathi Lackner

Wollte immer Leichtathletik machen, was nie passiert ist, ihr Beitrag war eine Fotomontage, in der sie als Bodenturnerin abgebildet ist.

Nr. 24 Kurt Lackner

Seit ca. 10 Jahren befasse ich mich mit Interviews von sogenannten „Zeitzeugen“, die den 2. Weltkrieg als Soldat erlebt haben. Ergänzend dazu habe ich alle Interviewpartner fotografiert.

Ungefähr 70 von diesen Interviews habe ich mit Bewohnern meiner Heimatgemeinde Ottensheim geführt.

Ich hoffe, eines Tages wird ein Buch daraus.

Bis jetzt scheiterte die Realisierung an der Finanzierung und wohl auch an meiner eigenen Inkonsequenz …

Nr. 25 Pepi Maier

„Things we never did“

Inspiriert vom Bild „Akt, eine Treppe herabsteigend“, Marcel Duchamp, 1912, realisierte ich Ende der 90er Jahre eine Arbeit mit Studenten der Bauhaus-Universität in Weimar. Der Titel war „Kasten, eine Treppe herabsteigend“.

Ein Kleiderschrank wurde am Ende einer Treppe aufgestellt. Wir schnitten mit einer Säge Stück für Stück von der Rückseite des Kastens und fixierten diese mit Dübel und Leim an der Vorderseite desselben. Mühsames Stückelwerk ließ so den Kasten die Treppe hinuntersteigen. Die Aktion wurde auf Super 8 Film mittels Stoptricktechnik festgehalten. Seit dieser Zeit liegt der Film ungeschnitten und ungesehen bei mir zu Hause in einer Schublade.

Vielleicht sollte ich ihn nie ansehen (…)

Nr. 26 Gerlinde Miesenböck

Dokumentiert den Schriftverkehr zwischen ihr und der Intendanz eines Großereignisses, den Dialog über ein Projekt, das nicht realisiert wurde und eigentümlicherweise aufgrund eines Missverständnisses nicht zugesagt werden konnte.

Nr. 27 Bernd Oppl

liebe beate,

es tut mir sehr leid, aber ich muss dir leider für die ausstellung absagen. ich habs einfach nicht geschafft, dinge, die ich nie getan habe, in eine  form zu bringen, die mir sinnvoll erscheint. es ist mir nicht gelungen, eine lösung zu finden, wie es möglich ist, eine nicht umgesetzte idee zu visualisieren, ohne dass diese durch die visualisierung zu einer formulierten idee und somit zu einer fertigen arbeit wird. so bin ich zu dem entschluss gekommen, dass das sinnvollste für mich zu diesem thema ist, nicht an der ausstellung teilzunehmen. ich hoffes du akzeptierst meine entscheidung.

so wird nun deine austellung „things i never did“ selbst zu einer idee, die ich nie umsetzen konnte. ich möchte dir aber gerne noch einmal danken für die einladung, die mich ziemlich ins grübeln gebracht hat. ich wünsche dir alles gute für die eröffnung und bin schon gespannt, wie andere mit der thematik umgegangen sind.

Lg bernd

Nr. 28 Irmgard Perfahl

Unverwirklichtes Projekt

Mein Leben war ein unverwirklichtes Projekt. Es sollte etwas Schönes Hohes werden, ein Meisterwerk aus guten Taten, genialen Ideen . . . . .

der Weg: eine duftende Lindenallee . . . . .

Mein Leben folgte einer Nebenspur, dem Zick-Zack-Kurs der überraschungen auf nicht planierter breiter Bahn voll blauer Disteln.

Das Unvorhergesehene: Garant dafür, dass immer alles möglich ist, das Schlimmste, das Beste, das Rätsel, die Lösung, das Glück, ja das Glück ohne Zeit ohne Zeit ohne Uhr.

Schiebekulissen, psychedelisch bemalt für dich oder mich und für da oder dort oder nirgendwo

Träume und Hirngespinste, trügerisch zeitlos . . . . . .

eine knappe Bewegung der Hand zaubert sie weg ins Nichts

Nr. 29 Andrea Pesendorfer

Ich habe viele Stunden mit Steinesuchen verbracht, immer wieder. Wie vermutlich unzählige andere Menschen auch. Gerne sortiere ich sie. Dabei hatte ich im Hinterkopf, dass ich eines Tages eine künstlerische Arbeit damit machen werde. Gerade deshalb, weil ich das Gefühl habe, dass es in der Gegenwartskunst sehr uncool ist, mit diesen Steinen eine Arbeit zu machen. Es hat auch was Zwanghaftes, wenn ich bestimmte Steine sehen muss, ich sie aufheben und mitnehmen muss. Und ich denke mir dann immer wieder, vielleicht mache ich eine Arbeit damit. Es ist bis jetzt nicht dazu gekommen.

Nr. 30 Claus Prokop

„Things We Never Did“

Der Problematik bewusst, dass sich nicht getane Dinge durch ihre Präsentation in „Things We Did“ verwandeln, habe ich mich entschlossen zwei Materialsammlungen, getrennt nach Hardware und Software, zu zeigen. Es handelt sich um Ausschnitte aus umfangreicheren unsystematischen Ansammlungen von Dingen, die mich aus irgendeinem Grund faszinierten und in einem gewissen Sinn ein Sourcebook für meine Arbeit darstellen. Einzelne Teile begleiten mich jedoch seit Jahrzehnten, ohne dass ich sagen könnte, es gebe einen Zusammenhang zu konkreten Projekten. Aufbewahrt werden sie dennoch alle mit dem Gedanken: „Daraus könnte man einmal etwas machen.“

Claus Prokop

Nr. 31 Josef Ramaseder

things I never did

(…) ist vielleicht ein Denkmal für die sentimentale Schuhschachtel als eine der schönsten Formen des Archivs

oder ist vielleicht eine kleine Grabstätte unverwirklichter Dinge und verhinderter Ideen

markiert durch ein eingepflocktes Windrad

oder ist vielleicht ein tiefenpsychologischer Komposthaufen, biographischer Humus,

aus dem so etwas wie orange Blumen entspriessen.

Osten, Westen, Norden, Süden – Dinge, Ich, Nie und Tun

Revolution der Ordnungssysteme?, Oder von Mailüften verweht?, Blaue Archive?

Nr. 32 Otto Saxinger

„Ungetan“, zwei Videosequenzen, Otto Saxinger 2001 und 2003

Zwei Video-Sequenzen blieben von spontan begonnenen und nie weitergeführten Filmprojekten übrig – zwei DV-Bänder mit nur wenigen Minuten Film, der Rest gähnende Leere. Hätten sie nur schnelle Skizzen sein sollen, oder hätten sie Teil des geplanten Projekts werden sollen – ich weiß es einfach nicht mehr…Nun gehören sie zusammen, diese beiden Restposten, sind füreinander da und beschönigen sich gegenseitig. Ob das wen interessiert? Ach, was solls, sie haben sich ja selbst….

Nr. 33 Pia Schauenburg

Geld hat viele Gesichter – Arbeitstitel, Fotoserie, gerahmt

Diese Fotoserie ist als Resultat einer empirischen Feldforschung gedacht und stellt den Versuch dar, abstrakten Zahlen ein Gesicht zu geben.

Menschen werden gebeten ihre monatlichen Einkünfte offen zu legen und sich dabei fotografieren zu lassen. Ohne Angabe der Namen und der Tätigkeit. Nur das Portrait gibt Auskunft: über Geschlecht, ungefähres Alter, Aussehen, mögliche soziale oder migrantische Hintergründe, Bildung, politische Gesinnung, sexuelle Orientierung… Oberflächen, die zum Beispiel bei der Bewerbung um einen Job oder auch bei der Akzeptanz in der Gesellschaft eine Rolle spielen.

Die Serie soll eine möglichst lückenlose Skala ergeben und durch eine große Menge an Portraits einen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft widerspiegeln.

Dabei erwarte ich keine überraschungen.

(…)

Nr. 34 Klaus Scheuringer

„reiß dir den traum vom stapel“, Objekt, ca. 30 x 20 x 10 cm, 2010

Tableau – (Kunst im Rohzustand), gestapelt für eine spätere Verarbeitung.

Diese gesammelten Fragmente befinden sich seit Jahren unverrichteter Dinge auf dem Tablett in meinem Atelier! Gesammelt wurde unter anderen: Sirius Camembert-Verpackung, Stechapfelsamen aus Italien, DDR-Pickierstäbchen, alte übermalte Rechnungsformulare, KALI-Badezusatz meiner Kindheit, Mini-Madonna, Teil von chinesischer Postkarte, Fingerkuppenschutzgummi, …

Diese Teile, mit der Zeit willkürlich gestapelt, ergaben einen Haufen aus abgelegten Träumen, welche nie realisiert wurden!

Nr. 35 Waltraud Seidlhofer

Information zu

TEXTE ZU / MIT / GEOMETRIE

…eine vor vielen jahren geplante sammlung

…texte aus geschichte kunst literatur und musik

    mathematik und technik

    beschreibungen von felsbildern, griechischen vasen und gaerten

    maschinenbeschreibungen, aufgabensammlungen…

…allmählich immer seltener text ausgewaehlt vorgemerkt und notiert

und schliesslich das projekt zum PROJEKT IM KOPF erklaert,

von dem nur wenige seiten geschrieben wurden

Nr. 36 Peter Sommerauer

C’était un Rendezvous aussi, Filmprojekt 2010

Basis für das Projekt ist der Film C’était un Rendezvous von Claude Lelouch, 1976.

In dieser „Pariser Höllenfahrt“ fährt Lelouch in 7’52“ von der Porte Dauphine über den riesigen Kreisverkehr am Arc de Triomphe die Champs-Elysés hinunter, an den Tuillérien entlang, durch den Louvre, vorbei an der Opera Garnier und über den Pigalle hinauf auf den Montmartre bis vor die Stufen zum Portal von Sacré Coeur. Der Film hat keinen Schnitt, keine Tricks und wurde ohne irgendeine Absicherung auf den Straßen gedreht. Ein völliger Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass man normalerweise für diese Strecke – etwa 10 km – mit dem Auto mindestens eine Stunde braucht.

Angeblich wurde der Film sofort nach seiner Uraufführung beschlagnahmt, und Lelouch landete vorübergehend im Gefängnis. Seither war der Film mehr ein Phantom, über das geredet wurde, das man aber kaum je zu sehen bekam.

Für das Projekt wird die Strecke mit einem Tretroller (Modell micro speed+) abgefahren. Auf den Roller wird eine Videokamera montiert. Um die Erschütterungen auszugleichen, ist der Bau einer Halterung mit Stoßdämpfern notwendig.

Die für Claude Lelouche wichtigen Parameter stehen ebenfalls im Vordergrund und müssen eingehalten werden.

Vollgas!, echte Zeit, echter Ort, in einem durch, kein Stop, kein Schnitt, keine Tricks.

Nr. 37 Karo Szmit

„things we never did“

Ich stelle nicht realisierte Ideen und nicht abgeschlossene Projekte der letzten Jahre anhand eines Achsendiagramms dar. Kurze Beschreibungen und Skizzen sind als Schnittpunkte zweier Achsen positioniert: Die horizontale Achse zeigt den Zeitpunkt des Einfalls an, die vertikale die Wahrscheinlichkeit der Realisierung als Prozentzahl. Die einzelnen Punkte sind weiters in Kategorien unterteilt, je nach dem, auf welcher Stufe der Umsetzung sich die Projekte befinden (Idee, Materialsammlung, Rohversion etc.).

Nr. 38 Doris Walaschek

Die Arbeit „Attack“ bezieht sich auf ein Zitat von Robert Pfaller (aus „Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft“) und drückt den noch nicht realisierten Wunsch aus, rein kopflastige, unsinnliche, „asketische Schwachkunst“ (Pfaller) – vollständiges Zitat auf dem Beitrag – mit einem stencil (rote gesprayte/schablonierte Hand mit dem Daumen nach unten), oder in „schwereren Fällen“ mit der weißen Kleinplastik (ebenfalls Hand mit dem Daumen nach unten) zu kennzeichnen/attackieren.

Nr. 39 Udo Wid

(Text)Orakel: Entstanden während der Ausstellung „Formuliert“, MAERZ, Linz, 2009: Der/die BesucherIn=KollegeIn=ProbandIn wurde wahrgenommen durch einen Augen-Sensor (auch ein EEG-Input war möglich), der einen Buchstaben-Zufallsgenerator steuerte. 64 Leute haben mit den ausgegebenen Zeichen jeweils ein oder zwei Worte gebildet, die zusammen einen 8×8-Matrix-Text darstellen:

Arbeitshypothese: Die Matrix entspringt/entspricht dem kollektiven Unbewussten der/des MAERZ

Denn: Was aus dem Möglichkeitsraum realisiert wird bzw. erscheint, ist weniger „zufällig“, als man denkt*…

Die dereinst von mir angekündigte Transformation des Wort-Materials in einen fließenden Text wurde versucht, geriet jedoch zu Ur-Laub-artig, zoomorph, etc… Sodass im Sinne einer Mehrfachdeutung und Erhellung der Tiefenschichten alle MAERZ-Mitglieder zu literarischer, bildnerischer oder musikalischer Verarbeitung dieser Orakel-Matrix eingeladen sind. Grüße Udo Wid  (bemühe mich auch weiter selbst um eine Deutung…)

* eine heiße Frage heutiger Quantenphysik (> Udo Wid, Makro – Quanten – Mechanik, Nachrichten aus der Chemie 05/2008, Frankfurt/Main), aber auch als Kontingenz-Problem in der Philosophie diskutiert. Vereinfacht: Die „Welt“ scheint sich erst durch Bewusstsein zu konstituieren…

Details

Beginn:
15. Dezember 2010 @ 19:30
Ende:
18. Februar 2011 @ 22:00
Veranstaltungskategorie:

Veranstalter

Maerz Galerie
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E-Mail
galerie(at)maerz.at

Veranstaltungsort

Maerz Galerie
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Linz, Oberösterreich 4020 Österreich
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