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linzer notate 4/06

24. November 2006 @ 19:30 - 23:00

ein literarischer Abend mit Irma RAKUSA, Peter WATERHOUSE und Andrea WINKLER

Konzept: Christian Steinbacher

POETISIERENDES AUSLOTEN oder:

Sowohl Peter Waterhouse als auch Ilma Rakusa loten in den vorgestellten Büchern Erinnerungen an ihre früheste Kindheit aus. Waterhouse flaniert in (Krieg und Welt) wie ein Essayist durch die weitläufigen Texträume seiner Rekonstruktion der Bibliographie seines Vaters, eines britischen Verbindungsoffiziers. Das Abheben von Schichten entzündet sich an Details; das Ungewisse und die Lücke werden zum zentralen Thema. Rakusa wiederum verdichtet in Garten, Züge die im Titel genannten beiden Bilder in eine Gegenstellung. Und ein Ausloten, wenn auch nicht das von Erinnerungen, prägt auch das Buchdebüt Andrea Winklers, das im Umkreisen eines Ich dessen Fest-Stellung verunmöglicht. Allen drei Schreibweisen ist eine ästhetisierende Sprache eigen.

Kein Dreirad. Aber schartige Schaufeln und Griebenjause im Freien. Wiese, Fliegen. Es muss Juni sein. Die Zäune nie rigid, einer wackelt immer. Sind da Maulwürfe? Lautes Gesumm. Nach dem Gewitter ist das grünborstige Gras geknickt. Keiner zeigt Mitleid. Und hängende Blumenköpfe. Unmutsgrau. Was eben kühn war, ist kühl. Der Gärtner drüben trägt Stiefel und Latzhosen. Die Baumrinde glänzt wie Glimmer. Es gibt immer Zugereiste. Sie gaukeln sich was vor. Sie schaukeln wie Dörrobst an langen Schnüren hin und her. Es heisst Geduld haben. Kann man dem Sommer trauen?

(aus: Ilma Rakusa, Garten, Züge)

Gab es ein übermaß der Verzeichnisse und Urkunden, gab es den Millionentext, den Aufschwung der Sprache und Kuriere und Allgemeinen Zeitungen und Pressen und Zeiten und Spiegel und Kuriere und Beobachter, doch gar keine überlieferung mehr? Gab es die überraschung, zuweilen ein einzelnes Wort zu hören oder zu lesen, und dieses einzelne war konstant und wirklich, und es war wie ein Gegensatz zu einer ganzen Zeitung oder ganzen Nachricht? Gab es in dem einzelnen etwas lang Bleibendes, beinah Unverlöschliches? Waren eine Nachricht und eine Zeitung eine Auslöschung? War Information Gewalt?

(aus: Peter Waterhouse, (Krieg und Welt) )

Natürlich, richtig, selbstverständlich. Ich bin da gesessen und habe genickt, genickt, genickt. Ich habe mich in die Zukunft genickt. Ja, glauben wir an ein Wissen, über das wir uns nicht einigen müssen, damit es nicht verderbe. Glauben wir an die Sache, weiß zufällig jemand, um welche Sache es geht, glauben wir an den Nutzen einer Investition. Wichtig ist, dass ihr von euch überzeugt seid. Ich finde meine Schlüssel nicht, und wenn, schmelzen sie in meinen Fingern ein, unheimlich. In der Küche werden die Teller warten auf meinen Hunger. Was jetzt, eingefrorener Unterkiefer oder zersprungenes Gesicht.

(aus: Andrea Winkler, Arme Närrchen)

lma Rakusa, geb. 1946 in Rimavská Sobota (Slowakei), lebt in Zürich. Die mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin, Publizistin und übersetzerin (Duras, Zwetajewa, Kiš) publizierte seit 1977; der Großteil ihrer Bücher erschien bei Suhrkamp (zuletzt: Durch Schnee, 2006). In der Edition Thanhäuser erschien soeben der bibliophile Band Garten, Züge.

Peter Waterhouse, geb 1956, lebt in Wien. Der seit 1984 publizierende Lyriker, Essayist und übersetzer (Hamburger, Hopkins, Zanzotto) veröffentlichte zuletzt bei Urs Engeler, bei Folio und bei Jung und Jung, wo diesen Herbst mit (Krieg und Welt) sein „opus magnum“ erschienen ist, eine Aufarbeitung der Erinnerungen und Nicht-Erinnerungen an seinen Vater, die auch zu einem Grundriss der eigenen Poetik wird.

Andrea Winkler, geb. 1972 in Freistadt lebt in Wien. Mit Arme Närrchen. Selbstgespräche erschien diesen Herbst Winklers Buchdebüt bei Droschl.

Dank an: Land OÖ, Stad Linz, BKA, GAV und PRo HELVETIA

Details

Datum:
24. November 2006
Zeit:
19:30 - 23:00
Veranstaltungskategorie:

Veranstalter

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+43 732 77 17 86
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